Es gibt heute keine Sprache

Es gibt heute keine Sprache – es gibt eine Sprachlosigkeit und eine Ratlosigkeit. Der Sprache wird heute die Sprache genommen. Auf der einen Seite gibt es einen ungeheuren Lärm, einen Kommunikationslärm, auf der anderen Seite eine unheimliche Stummheit. Und diese Stummheit unterscheidet sich vom Schweigen. Schweigen ist sehr beredt. Schweigen hat eine Sprache. Stille ist auch beredt. Stille kann auch Sprache sein. Aber der Lärm und die Stummheit sind ohne Sprache. Es gibt nur sprachlose, lärmende Kommunikation, das ist ein Problem. Heute gibt es nicht einmal Wissen, sondern nur Information. Wissen ist etwas ganz anderes als Information. Wissen und Wahrheit klingen heute sehr veraltet. Wissen hat auch eine ganze andere Zeitstruktur. Es spannt sich zwischen Vergangenheit und Zukunft. Und die Zeitlichkeit der Information ist die Gegenwart, das Präsens. Wissen beruht auch auf der Erfahrung. Ein Meister verfügt über Wissen. Heute leben wir mit einem Terror des Dilettantismus.
Byung-Chul Han im Zeit-Interview

Poetic APIs

During PyCon 2014 Erik Rose gave a very insightful talk about dos and don’ts of designing APIs. Towards the end he “gets meta” and groups all his points into categories drawing connections how different design goals influence each other. You see two main groups–”lingual” and “mathematical”–and he closes with this gem: 😀

This spotlights something that programming languages have over ordinary human languages. Programs are alive! They not only mean things when people read them, but they actually do things when run. So, very literally a program with carefully chosen symbols is poetry in motion.
— Erik Rose (PyCon 2014)

https://youtu.be/JQYnFyG7A8c

Verallgemeinerung im Singular

Inspiriert von Kübras #SchauHin-Kampagne zur Sichtbarmachung von Alltagsrassismus in Deutschland möchte ich eine Beobachtung beisteuern.

Wie hinlänglich bekannt ist, hat Sprache Einfluss auf das Denken (zumindest teilweise 😉 ). Daher finde ich es äußerst interessant, dass die deutsche Sprache ein eigentümliches Merkmal hat, das sozusagen den Rassismus auf eine tiefgreifende Art und Weise in den Köpfen, im Alltag, in der Kultur verankert:

die Verallgemeinerung im Singular.

Beispiele:

Der Russe trinkt am liebsten Wodka.

Macht der Ami schon wieder Krieg?

Obwohl die Konstruktion nicht ausschließlich in Negativaussagen Verwendung findet, entfaltet sie darin eine ganz besondere Schlagkraft.

Allein die Konstruktion suggeriert schon eine mentale und körperliche Einheit, eine homogene Masse. Davon ausgehend, bietet es aber noch weitere argumentative Krücken, die ihre Prämisse und sich gegenseitig bestätigen und verstärken.

Denjenigen, die so “zusammengefasst” werden, spricht man jegliche Individualität ab. Sie haben keine eigene Meinung, kein Gewissen, keine Träume, keinen Sinn; das Kollektiv ist ihre Identität. *schauder*

Darauf aufbauend, bietet es die Möglichkeit zur Generalisierung des Speziellen. D.h. das Verhalten, die Ansichten, etc. von Einem lässt sich auf alle in der “Gruppe” übertragen, denn alles was sie tun ist im Kontext des Kollektives zu sehen. Das Kollektiv hat sie dazu erzogen oder es ihnen befohlen.

Natürlich gilt bei so viel geistloser Einheit auch die Sippenhaft. D.h. jeder einzelne kann für die Taten eines Teiles oder des ganzen Kollektives zur Rechenschaft gezogen werden.

Wenn sich dann doch etwas regt und Teile der Gruppe Charakter und Selbstvertrauen zeigen, muss das im Keim erstickt werden, da ja die Prämisse war, dass es eine homogene Masse ist und der Rest der Argumentation darauf aufbaut. 😉 Dann muss man so häufig wie möglich und mit soviel Nachdruck wie geht, die “Individuen”, durch Anwendung der obigen Regeln, wieder in der Masse untergehen lassen.

So schließt sich der Kreis. 😉